Vom Wertvollen im Rückblick

Muss das sein: Noch ein Rückblick? Nein, sein muss es nicht. Und dennoch bietet der Blick auf Vergangenes manchmal doch sehr gute Gelegenheit, um anderes Vergangenes und auch die Gegenwart aus einem veränderten Blickwinkel betrachten zu können.
Genau das erlebte ich am 18. Dezember beim Öffnen meines Facebook-Accounts. Die Plattform hat seit einigen Monaten eine Erinnerungsfunktion eingeführt, die ab und an alte Beiträge für das betreffende Tagesdatum zeigt und zum Re-Posting anbietet. Mir gefällt diese Funktion von Mal zu Mal besser, bietet sie mir doch eine überaus wertvolle Hilfe, kurz innezuhalten und auf Vergangenes zu blicken – mal mit einem kurzen Lächeln, mal als Anlass für ein rasches Augenrollen und ab und an auch mal für etwas tiefere Betrachtungen.

Am 18. Dezember brachte mich folgender Beitrag mit dem Link auf einen Blogbeitrag aus dem Jahr 2010 ins Reflektieren:
Bildschirmfoto 2015-12-31 um 18.36.08

 

 

 

 

 

 

Was mich dabei bewegte, habe ich wiederum in diesem Facebook-Posting festgehalten:

„Fünf Jahre ist’s nun her, dass ich auf einem (bei Schnee und auf dem weißen Bereich des Zebrastreifens gut getarnten) Apotheker-Plastiktütchen ausrutschte und der herannahende SUV gerade noch so stoppen konnte. Es folgte neun unendlich lange Wochen des Dauerliegens, weil die Ärzte erst beim zweiten MRT-Bild nach einigen Wochen sehen konnten, dass die Verletzungen im linken Fuß doch wesentlich umfangreicher waren als zunächst angenommen. Eine OP war dann nicht mehr sinnvoll und möglich. Es waren schmerzvolle Wochen – unbeweglich und doch immer gejagt und getrieben von des Chefs Dauermailbeschallung.

Und doch: Wäre der Unfall nicht passiert, hätte ich wohl nicht die Gelegenheit gehabt, mal all den Stimmen meines inneren Teams zu lauschen und sie zu reflektieren. 
Ich hätte wohl nicht am Abend des letzten Bewerbungstages auf die Website des Coaching-Ausbildungsinstituts artop geklickt und mich dann noch in letzter Minute beworben. So humpelte ich einige Wochen später mühsam durch Berlin zum Auswahlgespräch und wenige Wochen später zum ersten Modul.

Ich würde heute nicht als Coach arbeiten, hätte nicht zusätzlich noch eine Trainer- und eine Qigong-Kursleiterausbildung absolviert. Ich hätte nicht ein zweites Mal den Sprung in die Selbstständigkeit gewagt, wäre nicht glücklich über meine 12qm Coachingraum nahe dem Gasteig und wäre vor allem vielen wunderbaren Menschen nicht begegnet. 
Klar – ich hätte weiterhin ein gutes und sicheres Gehalt und eine klar definierte Zahl von Urlaubstagen und jede Menge Renommee in meinem Pressesprecher-Job. Vermutlich würde aber auch dieses Jahr am Hl. Abend um 16:30 Uhr wieder eine Mail meines GF mit einigen To Dos für die Weihnachtsfeiertage erhalten.

So langwierig und fies auch der Heilungsprozess war und so sehr ich diese Millisekundenepisode meines Lebens auch gehasst habe, so sehr bin ich heute auch dankbar für diese Zäsur. Und die Erfahrung zeigt mir: Das Innehalten und in sich Hineinschauen birgt immer auch die Chance auf Veränderung in sich. Oder auch die Erkenntnis, dass es einfach mal gerade so gut ist, wie es ist. 

Heute ist vieles vieles in meinem Leben um ein großes Stück mehr „gut“ als es damals vor fünf Jahren war. Und deshalb bin ich der kleinen, heimtückischen Plastiktüte doch auch recht dankbar, dass sie in ihrer Unerkennbarkeit den Anstoß dazu gegeben hat. Bei allen weiteren Selbstreflektionen lasse ich allerdings gerne die Plastiktüten dieser Welt beiseite – das ist bekanntermaßen auch fürs Klima besser – und wende mich lieber gleich in mich selbst oder an den Coach meines Vertrauens.“

Mir hat es richtig gut getan, an dieses alte und scheinbar vergessene Thema noch mal ranzugehen. Es war mir damals so unendlich lästig und beschwerlich, stand es doch für eine richtige Mistzeit! Und doch kann ich heute aus der Distanz die Chancen darin erkennen, die ich glücklicherweise auch instinktiv genutzt habe (um die Möglichkeit einer Coaching-Ausbildung war ich nämlich zwei Jahre zuvor erstmals herumgeschlichen und hatte außerdem ein halbes Jahr vor dem Unfall dazu gebloggt).

Auch jetzt, wenn ich den blauen Text noch mal lese, fällt mir etwas auf, was mich sehr glücklich macht: Da steht, dass „vieles in meinem Leben um ein großes Stück mehr «gut»“ ist. Hey, ich als früher so stolze Perfektionistin sage und schreibe nun „gut“ – und meine es auch so. Es muss nichts mehr „perfekt“ sein. Ich bin glücklich und dankbar, wenn etwas „gut“ ist. Wie erleichternd das doch ist.

Natürlich halte ich gerade bei so persönlichen Themen vor dem Klick auf den „Veröffentlichen“-Button immer noch mal inne, um zu prüfen, ob ich wirklich wirklich wirklich mit Details wie diesen an meinen Leser/-innenkreis herantreten will/soll/kann/möchte. Auch jetzt. In meinem privaten Blog sind neben vielen Reiseerlebnissen und Kulturgenussmomenten auch immer wieder diese sehr persönlichen Themen enthalten (mein Blog startete ich 2009 tatsächlich als das, was Blogs in ihrer Anfangszeit mal waren: eine Art Tagebuch). Es hat mir immer gut getan, meine Gedanken zu einem mich bewegenden Thema aufzuschreiben und über den Klick auf den Veröffentlichungsbutton damit auch tief im Inneren zu wissen, dass ich nun wirklich zu ihnen stehe. Und ich finde es großartig, dass ich heute nachvollziehen kann, wer und was mich vor Jahren fordernd oder durchaus auch liebevoll bewegte und beschäftigte.

Deshalb möchte ich Mut machen, ein Blog zu starten (oder auch ein klassisches Tagebuch) zu führen und Fotos auf Instagram oder einer ähnlichen Plattform zu posten. Ganz bewusst. Und auch gerne in vollkommener Abgeschiedenheit (all diese Social Media-Plattformen lassen sich so einstellen, dass jegliche Privatsphäre gewahrt bleibt – im Zweifelsfall einfach Fachleute fragen). Erinnerungsmöglichkeiten an Schönes und auch an die blöderen Seiten und Zeiten des Lebens zeigen oft erst die wahren Werte des Geschehenen in deutlicher Klarheit.

Dieses Jahr hat rückblickend vieles Wunderbare in sich gehabt: Den Workshop Die Lilith-Energie mit meiner Coaching-Kollegin Nathalie Springer, das Vertrauen neuer Klientinnen und Klienten und sehr intensive Coaching-Sitzungen, jede Menge blauen Himmel mit Strahlesonne (das belegt auch die Zusammenstellung meiner neun beliebtesten Instagram-Fotos des Jahres), erfrischende Reise-Erlebnisse, viel neues Wissen und weitere schöne Ideen, die ich im neuen Jahr gerne mit Leben füllen und hier vorstellen werde.

Ich wünsche Ihnen und Euch allen ein rundum gutes, glückliches und gesundes 2016, das viel Schönes und Erinnernswertes mit sich bringen möge!

Bildschirmfoto 2015-12-31 um 17.30.46