Berufung als Beruf: Cécile Torrens-Horak

Es gibt Menschen, die Berufe ergreifen und ausfüllen, die weniger bekannt sind. So unterschiedlich die Tätigkeiten und Inhalte auch sind, so eint sie doch etwas: Pure Leidenschaft für ihr Thema. In der Interviewreihe “Berufung als Beruf” möchte ich diese Menschen, ihren beruflichen Werdegang und ihre Lebenseinstellungen vorstellen und zu Wort kommen lassen, die ihr ganz besonderes Etwas entdeckt und entwickelt haben, es leben und erlebbar machen. 
Cécile Torrens-Horak ist Französin und lebt und arbeitet seit bald 30 Jahren in Deutschland.
Sie hat Unternehmen gegründet, gestaltet und geleitet, sie durch die Transformation geführt und bewies auch immer wieder den Mut, Abschied zu nehmen, wenn es an der Zeit war, selbst neue Schritte zu gehen. Hier schildert sie nun ihren Weg ins Heute als Geschäftsführerin von Klartext e.V. , der Sprachschule für Deutsch, Beruf und Kultur, und verrät, was ihr im Change Management wichtig ist.
Ich wünsche viel Freude und gute Inspirationen beim Lesen!

Eine Französin geht ihren Weg – nach Deutschland, in Deutschland und jetzt auch für Menschen, die nach Deutschland kommen und berufsbedingt die Sprache erlernen wollen: Cécile Torrens-Horak, Geschäftsführerin von Klartext e.V. in München. (Foto: PicturePeople München)

Bitte stell Dich, Deinen Beruf und Deinen Werdegang kurz vor.

Mein Name ist Cécile Torrens-Horak, ich bin Französin und seit 27 Jahren in Deutschland. Deutsch war meine erste Fremdsprache in der Schule. Sie hat meine ganze Jugend geprägt. Aus der Generation Kohl-Mitterand gehöre ich zu der ersten französischen Generation, die die deutsch-französische Freundschaft mitgestaltet und im Alltag erlebt hat. Nach meinem Studium der Betriebswirtschaftslehre in Marseille und Regensburg bin ich in München geblieben. Meine berufliche Erfahrung habe ich im Vertrieb, Öffentlichkeitsarbeit und Controlling gesammelt. Bedingt durch meinen ausländischen Status musste ich viele Tätigkeiten übernehmen, die unter meinen Qualifikationen als Managerin waren, aber ich konnte dadurch alle Mechanismen eines Unternehmens hautnah miterleben und verstehen.    

Nach vielen Jahren Erfahrung konnte ich 2005 meine eigene Firma im Kinderbetreuungsbereich gründen. Da ich keinen Platz für meine Tochter in der gemeindlichen Krippe bekam, entschied ich mich dazu, meine eigene Kinderkrippe zu gründen. Daraus entstanden vier weitere Kinderkrippen, die hauptsächlich Kinder von Mitarbeiter:innen aus Unternehmen betreuten. Nach 14 Jahren als Geschäftsführerin und Gesellschafterin tätig, entschied ich mich dazu meinem Bereich zu wechseln.  Heute bin ich Geschäftsführerin von KLARTEXT e.V., der Sprachschule für Deutsch, den Beruf und die Kultur. Die Vision von KLARTEXT ist, alle Schüler sprachlich, sozial und beruflich bestmöglich in Deutschland zu integrieren. Ein Ziel, das mich schon mein Leben lang begleitet.

Wann hast Du Deine berufliche Leidenschaft erkannt und wann sie zum Beruf gemacht?

Schon immer konzentriert bei der Sache: Cécile am Klavier – der Berufswunsch als Pianistin stand in der Kindheit an erster Stelle (Foto: privat)

Mein Traum war lange Zeit, Klavierspielerin zu werden. Ich habe lange Jahre in der Hochschule für Musik in Lorient Musik gelernt. Leider stellte ich fest, dass ich unter großem Lampenfieber litt und trotz viel Übung nicht im Stand war, mein Stück vor dem Publikum vorzuführen. Ich war nicht frei.
Durch wiederholte Sprachreisen entdeckte ich meine Leidenschaft für Sprachen und dieses unglaubliche Gefühl von Freiheit, wenn ich unterwegs war. Meine berufliche Leidenschaft habe ich während einer meiner Reisen entdeckt. Ich arbeitete damals als AuPair in einer Familie in Liverpool, deren Vater in einem großen Versicherungsunternehmen im Spitzmanagement arbeitete. Er bot mir an, einen Tag in seiner Firma zu verbringen. Dabei hatte er mir einen Besuch durch alle Abteilungen seiner Firma organisiert: Von der Marketing-Abteilung bis zu den Finanzen und der IT über das Personalwesen und das Spitzenmanagement bis zum Hauptvorstand selbst. Nach diesem Tag wusste ich, dass die Unternehmenswelt meine Welt ist.

Was kam und blieb: Die Unbeschwertheit des Reisens, die Neugierde auf neue Regionen, ihre Menschen, Gebräuche und Sprachen (Foto: privat)

Was (und/oder wer) hat Dir auf diesem Weg Mut gemacht und Dich gestärkt?  

Was mir Mut auf meinem Weg gemacht hat, ist der regelmäßige Austausch mit den Kolleg:innen und die unglaublichen Ideen und Lösungen, die aus unseren Gesprächen entstanden sind. Noch heute hole ich mir immer wieder die Expertise meiner Mitarbeiter:innen, bevor ich eine wichtige Entscheidung treffen muss. Sie sind meine Inspiration und meine Kraft.  

2013 wurde ZuKi (Zukunft Kinderkrippe GmbH), für fortwährenden Einsatz für die Prävention von sexuellem Missbrauch mit dem AMYNA-Präventionspreis ausgezeichnet. (Foto: AMYNA)

Wo liegen oder lagen Hindernisse – welchen Preis hat es Dich gekostet (oder kostet es noch)?

Die Hindernisse liegen im Widerstand gegen Änderungen. Das Change Management ist existentiell in einem Unternehmen. Der Markt ändert sich so rasant schnell, dass ein Unternehmen langfristig nur überleben kann, wenn es flexibel ist und sein Management wach bleibt. Notwendige Änderungen in einem Unternehmen einzuführen, kostet mich immer viel Kraft. Dafür soll man eine klare Sicht über die akute Lage haben sowie eine überzeugende Vision, um seinem Team gegenüber zu argumentieren und zusammen den Weg zum Erfolg zu finden. Es ist eine aufwändige Arbeit mit vielen Höhen und Tiefen – aber es gibt eben auch immer wieder diese magischen Momente, die man im Team erlebt, und die einem das Gefühl gibt, dass die Änderungen ihre Früchte bringen.   

Würdest Du heute etwas anders machen?

Vieles würde ich nicht ändern. Der Weg, den ich genommen habe oder die Entscheidungen, die ich getroffen habe, waren alle sehr lehrreich und haben mich weitergebracht. Was ich anders machen würde, ist mir vielleicht gründlicher auszusuchen, mit welchen Geschäftspartner:innen ich arbeite. Werte wie Offenheit, Toleranz, gegenseitiger Respekt und Kompromissbereitschaft sind in einer beruflichen Beziehung genauso so wichtig wie im Privatleben. Ohne diese Grundlage kann keine partnerschaftliche Arbeit langfristig halten. 

Die Münchener Feminismus-Initiative #sieinspiriertmich befragte Cécile nach ihrem Vorbild im Danken und Handeln, nach ihrer Wegfindung und dem Umgang mit Widerständen. Alle drei Kurzvideos sind auf der Kampagnenseite zu sehen. (Foto: #sieinspiriertmich)

Was würdest Du jemandem empfehlen, der an sich und seinen Fähigkeiten zweifelt und sich so nicht auf seinen Weg begibt bzw. ihn abbrechen will?

Ich würde ihr oder ihm empfehlen, sich die Meinung von Gleichgesinnten zu holen. Jedes Projekt verdient Wertschätzung und aufbauende Kritik und Meinungen. So können sich Projektideen entfalten und ausreifen. Und nur so verliert man sein Zweifel und fängt an, wirklich fest an sein Projekt zu glauben.

Was wünscht Du Dir/welches Ziel hast Du für die Zukunft und wie sehen Deine nächsten Schritte aus?

Mein Ziel für die Zukunft ist weiterhin, an einer wichtigen Unternehmensvision zu arbeiten. Nachdem ich 14 Jahre lang in der Vereinbarung von Beruf und Familie in meiner eigenen Firma arbeiten konnte, habe ich bei KLARTEXT eine Vision gefunden, die mir wieder am Herzen liegt. Außerdem arbeite ich mit einer Geschäftspartnerin und einem Team, mit der und mit dem ich mich täglich offen und konstruktiv austauschen und gestalten kann. Dies motiviert mich sehr! Meine nächsten Schritte sind deshalb sehr mit ihnen verbunden. Unsere nächste Herausforderung ist, unsere Kundschaft nach einem Jahr Pandemie zurückzugewinnen.

Welche Frage hätte ich Dir noch stellen können oder sollen? 

„Gibt es ein Geheimrezept für ein erfolgreiches Changing Management?“

Meine Antwort: Ja – mit seinem Team die wichtigsten Änderungen zu besprechen und jedes Teammitglied an der Mitgestaltung teilhaben zu lassen.

Die Möglichkeit, den Blick weit schweifen zu lassen und tief durchzuatmen – das stärkt insbesondere auch in den Veränderungsphasen des (Berufs)Lebens – davon ist Cécile überzeugt. (Foto: privat)

Ich bedanke mich sehr herzlich bei Cécile Torrens-Horak und wünsche ihr und dem Team von Klartext e.V. wunderbare Erfolge. Und Cécile vielleicht ja auch wieder etwas mehr Muse fürs Klavier, an dem sich Change so klar und umgehend nachvollziehen lässt.