Berufung als Beruf: Santa Meyer-Nandi

Es gibt Menschen, die Berufe ergreifen und ausfüllen, die kaum bekannt oder unbeachtet sind. So unterschiedlich die Tätigkeiten und Inhalte auch sind, so eint sie doch etwas: Pure Leidenschaft für ihr Thema. In der Interviewreihe “Berufung als Beruf” möchte ich Menschen, ihre Berufe und Lebenseinstellungen vorstellen und zu Wort kommen lassen, die ihr ganz besonderes Etwas entdeckt und entwickelt haben, es leben und erlebbar machen. 
Die in Paris lebende Juristin Santa Meyer-Nandi lernte ich 2013 auf einem Blogger-Event kennen, zu dem wir von mehreren ökologisch und nachhaltig denkenden und agierenden Unternehmen eingeladen waren. Wir blieben via Facebook und Instagram in Verbindung (eine der überaus lobenswerten Facetten von Social Media-Kommunikation) und ich verfolgte so ihren konsequenten und dabei angenehm doktrinfreien Weg auf FindingSustainia.
Viel Freude und gute Inspirationen beim Lesen!

Eine Frau mit und fürs Herz: Santa Meyer-Nandi beschäftigt sich mit Nachhaltigkeit im Alltag. (© FindingSustainia)

Bitte stell Dich, Deinen Beruf und Deinen Werdegang kurz vor.

Das, was mich bewegt und was ich als meine Berufung oder Ikigai erkannt habe, ist die Schnittstelle zwischen Nachhaltigkeit und Wohlbefinden im weiten Sinne. Ich arbeite als Beraterin, Speakerin und Coach zu diesen Themen mit dem Bestreben, dass wir und die Welt gemeinsam ein Equilibrium finden. Dabei verbinde ich meinen indischen Yogi-Hintergrund mit meiner faktenorientierten, pragmatischen und juristischen Prägung. Was ich konkret tue ist kunterbunt: Ich unterrichte mal an Unis, mal ganz kleine Kinder, mal Lehrer und mal gebe ich nachhaltigen Zero Waste-Kochkurse oder berate Firmen in ihrer Nachhaltigkeits- und Teambuilding-Strategie. Im Juli werde ich vor 2.000 französischen Staatsbeamten das FindingSustainia Challenge-Modell präsentieren.

Santa beim Strand-Yoga in der Bretagne. (© FindingSustainia)

Ursprünglich bin ich auf Umweltrecht spezialisierte Juristin. Nach dem Studium im Jahre 2010 wollte ich mir ein Jahr Zeit geben, um mehr über Nachhaltigkeit zu lernen und zwar, wie ich konkret nachhaltiger im eigenen Leben sein kann. Dazu startete ich meinen Blog, um meine Erkenntnisse zu dokumentieren. Es kam dann alles ganz anders: Durch den Blog wurde ich Nachhaltigkeitsexpertin, dann -beraterin, schließlich Teil des Think Tanks 30 des Club of Rome – und lernte Anna Meyer kennen. Wir starteten gemeinsam unsere große Reise bzw. unsere Nachhaltigkeits-Selbstversuche, mit denen wir bekannt wurden und 2018 als „Beste Nachhaltigkeitsblogger Deutschlands“ bei den GLS Bank Nachhaltigste Blog-Awards ausgezeichnet wurden .

When Meyer meets Meyer: Anna und Santa betreiben FindingSustainia heute gemeinsam. Ausgezeichnet! (© FindingSustainia)

Wann hast Du Deine berufliche Leidenschaft erkannt und wann sie zum Beruf gemacht?

Mir war schon immer klar, dass ich etwas mit Sinn machen möchte. Als Kind war ich als Freiwillige in einem Fairtrade Shop aktiv und wollte die Welt einfach irgendwie besser machen. Mal, indem ich Pausenbrote an Obdachlose verteilte und dann wieder, indem ich älteren Damen lange zuhörte. Doch so genau wusste ich erst einmal nicht, was ich konkret machen wollte und worin ich wirklich gut wäre. So war meine Studienwahl Jura erst einmal eher auf Vernunft begründet und löste innerlich nicht die größte Begeisterung in mir aus. Erst als ich nach dem Studium in London vor der Wahl stand – es war gerade nach der Finanzkrise – im Baugewerbe Umwelt-Standards zu umgehen oder unentgeltlich ein Jahr in einer NGO zu arbeiten, wurde mir klar, dass ich mein eigenes Ding machen möchte. Ich gab mir damals das Jahr, um mich selbst zu finden und mehr zu dem Thema zu lernen, das mich umtrieb: Nachhaltigkeit. Wie ich respektvoll der Welt und meinen eigenen Bedürfnissen gegenüber leben und konsumieren kann.

Schulungen zu Themen wie Zero Waste finden nicht nur in der Theorie statt, sondern wie hier in Stuttgart auch in der Praxis. (© FindingSustainia)

Was (und/oder wer) hat Dir auf diesem Weg Mut gemacht und Dich gestärkt?  

Meine Familie war und ist sehr stärkend, und war von Anfang an begeistert mit bei der Sache. Auch Franz, der Vater meiner Kinder, hat mich seit dem Start unterstützt und es lag nie der gefühlte Druck auf mir, dass ich mich über Einkommen beweisen muss. Dazu gab es die Landwirtschaftmeisterin Caroline, die eine Art Mentorfigur für mich war und ist.
Was aber ganz besonders entscheidend war, dass ich Anna traf, die zu meiner Sparringpartnerin wurde, mit der ich Erfolge und schwierige Phasen gemeinsam meistern konnte. Ich denke, dieses Gegenüber zu haben, war der entscheidende Faktor, dass wir selbstmotiviert so bei der Stange geblieben sind – mittlerweile seit mehr als fünf Jahren.

Anna und Santa – hier gemeinsam auf einer Veranstaltung in Hamburg. Übrigens: die beiden sind immer per Bahn unterwegs. (© FindingSustainia)

Wo liegen oder lagen Hindernisse?

Bevor ich Anna kennen gelernt habe, ist mir gut ein Jahr die Puste ausgegangen und ich hatte keine Lust mehr, alleine so vor mich hin zu bloggen.

Unverpackt einzukaufen ist für Santa und Anna längst Alltag. Auf Instagram gibt’s auch dazu immer wieder Fotos. (© FindingSustainia)

Würdest Du heute etwas anders machen?

Ich würde mich nicht mehr so verausgaben, vor allem in Hinblick auf Soziale Medien. Sie sind wichtig und doch ist es wichtig, sich darin nicht zu verlieren bzw. seine Zeit bewusst einzusetzen. Ich versuche mittlerweile ein bis zwei Mal am Tag fünf Minuten für unsere Publicity zu investieren.

… dieses Motto findet immer mehr Befürworter. (© FindingSustainia)

Was würdest Du jemandem empfehlen, der an sich und seinen Fähigkeiten zweifelt und sich so nicht auf seinen Weg begibt bzw. ihn abbrechen will?

Vertrauen in sich selbst ist sehr wichtig – und dass man sich und seine Fähigkeiten gut und realistisch einschätzt. Und: Sich einen Coach oder Berater zu suchen und mit Freunden und Bekannten offen und verletzlich zu kommunizieren, ist viel wichtiger als manch einer denkt.

Santa beim Vortrag: Nachhaltigkeit findet mehr und mehr Gehör. (© FindingSustainia)

Was wünscht Du Dir, welches Ziel hast Du für die Zukunft und wie sehen Deine nächsten Schritte aus?

Anna und ich arbeiten an einem Buch zu unserem Challenge Modell, das bei einem renommierten Verlag erscheinen wird. Der Rest ist noch Top Secret.  

Nachhaltige Kochkurse für Jung und Alt – auch das kann man bei Santa buchen. (© FindingSustainia)

Welche Frage hätte ich Dir noch stellen können oder sollen?

Ich könnte ein paar Tipps zu innerer Nachhaltigkeit geben. Ich glaube nämlich fest daran, dass jemand, der in sich zufrieden ist, viel weniger und bewusster konsumiert. Mein Top Tipp ist: Investiere in Zeit und nicht in Zeug. Geld für eine Massage, für eine Putzhilfe oder auch mal für einen Babysitter ist viel besser angelegt als in ein weiteres Paar Schuhe. Und oft findet man die größte Entspannung an einem Ort in der Nähe, den man bequem mit dem Zug oder Fahrrad erreichen kann.

Ich bedanke mich sehr herzlich für das Interview und empfehle allen, die sich für Vorträge oder weitere Tipps von Santa rund um ein nachhaltiges Leben interessieren, einen Blick auf ihre Website und auf FindingSustainia.