Berufung als Beruf: Adelheid Schmidt-Thomé

Es gibt Menschen, die Berufe ergreifen und ausfüllen, die weniger bekannt oder kaum beachtet sind. So unterschiedlich die Tätigkeiten und Inhalte auch sind, so eint sie doch etwas: Pure Leidenschaft für ihr Thema. In der Interviewreihe “Berufung als Beruf” möchte ich Menschen, ihre Berufe und Lebenseinstellungen vorstellen und zu Wort kommen lassen, die ihr ganz besonderes Etwas entdeckt und entwickelt haben, es leben und erlebbar machen. 
Adelheid Schmidt-Thomé war der Kunst der Buchstaben schon immer sehr verbunden. Wir lernten uns im Jahr 2000 kennen, als wir für den Verlag Gräfe und Unzer gemeinsam Kochbüchern auf die Welt halfen. Wie sich Adelheids Beruf seither verändert hat und wie ihre Schritte verliefen, verrät sie hier.
Viel Freude und gute Inspirationen beim Lesen!

Mit einem Strahlen bewegt sie die Welt der Buchstaben: Adelheid Schmidt-Thomé (©: Eva Kubinska)

Bitte stell Dich, Deinen Beruf und Deinen Werdegang kurz vor.

Ich habe Geschichte und Germanistik an der LMU München studiert. Aus persönlichen Gründen habe ich meine „Karriere“ auf Eis gelegt und in ganz anderen Bereichen gearbeitet (u.a. Messeleitung). Als dann der Verlag Gräfe und Unzer eine freie Lektorin suchte, hatte ich meinen Beruf für mehr als 30 Jahre gefunden. Seit 2015 arbeite ich nun vorrangig als Autorin. Ich habe zwei Bücher mit Biografien von Münchner Frauen veröffentlicht und arbeite gerade am dritten. Außerdem biete ich Führungen über den Alten Südfriedhof in München an sowie Stadtführungen und Vorträge. Alles zum Thema Frauengeschichte.

Mutig mutig: Adelheids „neues Leben“ begann 2015 mit einem Kalender-Projekt im Selbstverlag. Es kam so gut an, dass sie im Folgejahr erneut einen kreierte. (©: Adelheid Schmidt-Thomé)

Wann hast Du Deine berufliche Leidenschaft erkannt und wann sie zum Beruf gemacht?

Vom Schreiben hatte ich schon lange geträumt, aber nie „mein Thema“ gefunden. Das ist mir über den Weg gelaufen, als ich ein Auftragsloch hatte. „Über den Weg“ im tatsächlichen Wortsinn, nämlich beim Durchqueren des historischen Alten Südlichen Friedhofs in München. Ich begann, über die Frauen, die dort liegen, die „Gattinnen, Witwen, Mütter und Töchter von …“ zu recherchieren, um ihnen ein Gesicht zu geben. Daraus entstand mein erstes Buch „Vergessene Münchnerinnen“.

Zum Lebenselixier von Münchner_innen gehören Brezn einfach dazu. Manchmal eben auch posthum und insbesondere, wenn man als Vergessene Münchnerin im Schmidt-Thoméschen Buch verewigt wird. ©: Adelheid Schmidt-Thomé)

Was (und/oder wer) hat Dir auf diesem Weg Mut gemacht und Dich gestärkt? 

Du, liebe Catharina! Der Geschichtsverein Ludwigsvorstadt-Isarvorstadt, in dem ich mit der stadtgeschichtlichen Arbeit begann. Der Allitera-Verlag, der den Mut hatte, mit mir aufgrund meiner Kalender über die Frauen vom Alten Südfriedhof ein Buch zu machen.
Ein Mini-Seminar der „Mut-Macherin“ Ulrike Bergmann.
Ansonsten bin ich eher die Einzelkämpferin – leider.

Führungen über den Alten Südfriedhof zu den Vergessenen Münchnerinnen gibt’s bei Sonnenschein wie hier … (©: privat)

Wo liegen oder lagen Hindernisse?

Ich hatte eigentlich keine Hindernisse. Mein Mann hat meine Arbeit immer unterstützt, die Kinder sind groß … Der härteste Preis war der Sommer 2018, den ich kaum genießen konnte, weil ich am Manuskript des zweiten Buchs gearbeitet habe. Die Hitze unterm Dachjuche war schon hart. Ja, und mein Körper bestraft mich oft fürs lange Sitzen am PC.

… und manchmal auch als Bi-Ba-Butzemann. Bei jedem Wetter eben. (©: Beate Bidjanbeg)

Würdest Du heute etwas anders machen?

Ich würde viel eher damit anfangen, das zu tun, wonach es mich drängt.
Und ich möchte versuchen, mir mehr Unterstützung/Gespräche von außen zu holen. „Hätte ich doch …“ zu denken hat allerdings keinen Sinn – ich kann ja nichts nachholen.

Adelheid Schmidt-Thomé im Gespräch in Krakau im März 2019 beim Projekt Womenvotepeace (©: womenvotepeace.com)

Was würdest Du jemandem empfehlen, der an sich und seinen Fähigkeiten zweifelt und sich so nicht auf seinen Weg begibt bzw. ihn abbrechen will?

Versuch’s. Und manchmal helfen einem die Zeit oder der Zufall oder wer auch immer, und das, was in Dir brennt, kann auf einmal raus. Sprich mit anderen über Deine Träume und Zweifel.
Hab Mut. Fang einfach an, wirf auch was weg. Ich wollte zum Beispiel eine Art Reiseführer über das Oktoberfest schreiben und habe nach viel Arbeit gemerkt, dass das nicht funktioniert, weil ich das Oktoberfest eigentlich nicht mag … Erfahrungen wie diese gehören auch mal dazu.

Was wünscht Du Dir, welches Ziel hast Du für die Zukunft und wie sehen Deine nächsten Schritte aus?

Weiter recherchieren und schreiben. Ich habe viele Ideen und inzwischen ein interessantes Netzwerk von Frauen, die politisch, historisch und sonstwie unterwegs sind – auf jeden Fall anregend und unterstützend.

Im Mai 2019 in Zürich anlässlich der Feier „100 Jahre Internationale Frauenliga für Frieden und Freiheit“ (©: womenvotepeace.com)

Welche Frage hätte ich Dir noch stellen können oder sollen?

Da fällt mir keine ein …

Ich bedanke mich sehr herzlich für das Interview und empfehle aus persönlicher Erfahrung die Führungen, Vorträge sowie die Bücher der „Erinnerungsbeleberin“ Adelheid Schmidt-Thomé.

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